«Wenn wir keinen Fussballplatz finden, spielen wir halt Eishockey»
Vor 50 Jahren wurde der Sportclub Jegenstorf gegründet. Kurt «Schuri» Schär (75) ist eines der sieben Gründungsmitglieder. Er erzählt, wie der Verein aus einer sumpfigen Wiese einen Fussballplatz schuf, dass die Grafenrieder ihr eigenes Bier an die Derbys mitbrachten und warum er als Clubpräsident manchmal mehr an Musik als an Fussball dachte.
2024 feiert der SC Jegenstorf seinen 50. Geburtstag. Wie kam es 1974 zur Gründung des Vereins?
Die Idee entstand im Restaurant Pinte. Einige Mitarbeiter der Firma Haenni & Cie. AG spielten beim SC Grafenried, und die haben gespöttelt, dass es in Jegenstorf keinen Fussballverein gibt. Peter Schmid, der Pinte-Wirt, hat dann ein paar Leute eingeladen und am 16. Mai 1974 haben wir in der Pinte einen Fussballverein gegründet.
Weshalb habt ihr den Verein SC Jegenstorf und nicht FC Jegenstorf genannt?
Damit haben wir uns abgesichert, wir hatten ja noch keinen Fussballplatz. Wir sagten uns: Wenn wir keinen Fussballplatz finden, dann spielen wir halt Eishockey. «Sportclub» liess uns beide Möglichkeiten offen. Auf dem «Oeschmätteli», wo heute das Kirchgemeindehaus steht, gab es damals im Winter ein Eisfeld mit Holzbanden. Übrigens wollten wir uns ganz zu Beginn SC Interdiscount nennen, um die Firma Interdiscount als Sponsor zu gewinnen. Die bauten 1970 ihre Geschäftszentrale in Jegenstorf auf. Sponsoring war damals aber noch wenig bekannt, deshalb hat das nicht geklappt.
Wie seid ihr zu einem Fussballplatz gekommen?
Wir haben überall angefragt. Ein Bauer sagte uns: «Ihr könnt ein Feld von mir zum Fussballplatz umbauen, aber nur, wenn ihr mir bei der Ernte helfen kommt, wenn es nötig ist.» Das wollten wir aber nicht, schliesslich waren wir arbeitstätig und konnten nicht kurzfristig beim Ernten einspringen. Schliesslich fanden wir die Hambüel-Wiese beim Dorfausgang Richtung Grafenried, den «Hambu». Dieses Gebiet gehörte der Gemeinde, die bereit war, es uns zu verpachten. Zwar war das Feld sumpfig, aber man konnte einen Fussballplatz daraus machen.
Es brauchte wohl viel Arbeit, um aus einer sumpfigen Wiese einen Fussballplatz zu machen.
Fast 1000 Fronstunden haben wir geleistet, bis der Rasen entwässert war, ein riesiger Kampf war das, bis der Platz im September 1976 bereit war. Und danach ging es weiter: Wir wollten ein Klubhaus haben. Zwar schafften wir es mit der Zeit, Licht und Wasser im Hambu zu bekommen, aber ein richtiges Klubhaus gab es nie. Trotzdem ist der Hambu für mich die Heimat des SCJ, emotional bin ich sehr verbunden mit diesem Platz, da steckt so viel Herzblut drin.
Und der Gyrisberg, wo der SCJ heute spielt?
Das war damals noch ein Kartoffelacker. Ich kann mich erinnern, wie mich der damalige Gemeinderatspräsident Hermann Weyeneth zu sich auf den Bauernhof bestellte. Ich sass in der warmen Stube mit seiner Frau, er war noch am Schweinefüttern. Dann kam er rein und schrie mich an: «Zuerst Drainage, dann Licht, dann Wasser, und am Schluss stierst du noch ein Klubhaus mit Duschen auf dem Hambu durch!» Als der erste Ärger verraucht war, hatten wir ein gutes Gespräch, und er verriet mir im Vertrauen, dass der Fussballclub auf dem Gyrisberg eine neue Heimat erhalten werde.
Du warst ab 1979 Clubpräsident, nach fünf Jahren hast du den Rücktritt gegeben. Weshalb?
Es wurde mir zu viel. Wir sind als Verein rasch gewachsen, nach zehn Jahren hatten wir schon über 160 Aktivmitglieder und 280 Passivmitglieder. Dazu haben wir viele Events organisiert, das Schuttifest, den Lotto-Anlass, das Schülerturnier, das Ski-Weekend, das Dorfturnier. Es gab Leute, die sagten, der Schuri habe eh nur noch die Planung des nächsten Schuttifests im Kopf. Deshalb machte ich Platz für einen neuen Vereinspräsidenten und konzentrierte mich auf die Aufgabe als OK-Präsident des Schuttifests.
Was war für dich das sportliche Highlight in deiner Zeit im Verein?
Der erstmalige Aufstieg in die 3. Liga. Das war eine tolle Mannschaft damals mit Wale Kläy als Trainer. Die Spiele fanden am Sonntagmorgen auf dem Hambu statt. Die härtesten Spiele waren jene gegen Grafenried. Die Derbys gegen Schönbühl waren im Vergleich dazu richtig friedlich. Die Grafenrieder haben sogar ihr Bier selbst mitgenommen, damit sie bei uns keines kaufen mussten, das muss man sich mal vorstellen. Es ging jeweils schon lange vor dem Derby los: In der Haenni & Cie. AG arbeiteten Spieler beider Teams, und die haben sich gegenseitig provoziert bis zum Spiel, entsprechend hart wurde dann gespielt.
Was ist deine schönste Erinnerung aus 50 Jahren SC Jegenstorf?
Ganz klar das Schuttifest! Das waren tolle Zeiten, diese drei Tage im Jahr, mit vielen grossartigen Musikern. Peach Weber ist aufgetreten, «Die Paldauer» oder Klybi und Caroline. Ganz speziell war der Auftritt von Polo Hofer im Jahr 1995, das war etwas vom Grössten. Das Schuttifest fand damals auf der Wiese neben dem Coop statt, und die Leute haben im Festzelt so wild getanzt, dass der Rasen am Morgen danach komplett verschwunden war, alles braun. Ich machte mir grosse Sorgen, wie der Landbesitzer reagieren würde, aber er war zum Glück auch am Konzert von Polo Hofer und hatte seinen Spass. Nach dem Anlass hat er neu angesäet, wir haben einen neuen Weidezaun erstellt, und alle waren zufrieden. Früher war das so.

